Probleme, mit denen wir am Unfallort konfrontiert werden.

Es ist nicht einfach, in unserem Land Ersthelfer zu sein. Das Gesetz schützt uns nicht, denn wenn Sie beispielsweise eine Person aus einem brennenden Auto befreien müssen (Notfallrettung), könnte das Opfer Sie später wegen dauerhafter Lähmung verklagen; in solchen Fällen sind wir nicht geschützt.

Die Infrastrukturen, die uns helfen sollten sind fast nicht vorhanden oder nur unzureichend: Es gibt kaum Notrufzentralen und nur sehr wenig Krankenwagen. Deshalb fehlen die Menschen zwischen den Ersthelfern und den Gesundheitseinrichtungen, welche die Opfer aufnehmen können. Dies erhöht den Druck auf Ersthelfer enorm, aber es ist die Realität in unserem Land. Es sollten noch viele Anstrengungen unternommen werden, um diese Strukturen zukünftig zu optimieren.

Besonders herausfordernd ist, dass es an einem Unfallort immer Menschen gibt die zuschauen und nicht helfen. Für die Ersthelfer sind solche «Gaffer» ein zusätzlicher Stressor. Wie sie im Bild 1 sehen, sind sie untätig oder erhöhen durch verschiedene Rufe den Druck auf die Retter. „Hey, Sir, so geht das nicht!“, „Hey, wollen Sie, dass er stirbt? Warten Sie auf die Behörden!“, „Sie verlieren Zeit. Sie sollten ihn sofort ins Krankenhaus bringen“… Gewisse Menschen werden sogar aggressiv, insbesondere wenn das Opfer seinen Verletzungen erliegt.

Als Erste-Hilfe-Ausbilder ist es unsere Hauptaufgabe, unsere Landsleute für das Verhalten des Helfens zu sensibilisieren und zu erklären, was zu tun ist und wie man sich im Notfall verhalten sollte.

Bild 1 : Unfall im Jahr 2022 auf der unfallträchtigsten Straße Madagaskars (NR 2). Sie können sehen, wie viele Personen aktiv werden oder zuschauen. Quelle: facebook.

Einige Tipps zur Vorbereitung

In unseren Schulungen sprechen und tauschen wir uns viel mit unseren angehenden Ersthelfern aus. Wir nehmen uns viel Zeit für den ersten Teil der Ausbildung. Das ist eine sehr wichtige Grundlage, denn wir erklären ihnen, warum sie in Notfällen helfen sollten. Wir sensibilisieren sie für die Bedeutung von Erste-Hilfe-Maßnahmen, da jedes Leben kostbar ist und durch einfache Maßnahmen gerettet werden kann. Wir informieren sie über mögliche Situationen, in denen sie sich wiederfinden können. Damit wollen wir sie nicht entmutigen, sondern sie auf reale Fälle vorbereiten. Wir bringen ihnen bei, wie sie mit schwierigen Notfallsituationen umgehen können.

Wie handle ich im Notfall?

Die von uns verwendeten Lehrtechniken und -methoden sind vielfältig. Irgendwann im Training, manchmal in der Mitte, werden die Lernenden mit einer fast realen Notfallsituation konfrontiert. Dabei handelt es sich um ein inszeniertes Spiel, eine Art Rollenspiel, das im Geheimen mit einem oder mehreren Teilnehmern geplant wurde.

In der Tat, ohne zu wissen, dass es sich um ein Spiel handelt, beginnt normalerweise etwa ein Drittel unserer Auszubildenden zu helfen. Allerdings waren einige – wie im wirklichen Leben auch – die bösen, nörgelnden Zuschauer. Andere waren auch passiv, weil sie vom Stress überwältigt waren. In diesem Teil unserer Ausbildung betonen wir die Bedeutung des Handelns und die Probleme des Nichthandelns. Am Ende des Rollenspiels diskutieren wir darüber, was passiert ist, welche Rolle jeder von ihnen gespielt hat und warum. Dies hilft unseren Teilnehmern, ihr eigenes Verhalten in einer Notfallsituation zu reflektieren und daraus zu lernen. (Bild 2).

Und noch etwas: Ich war wirklich überrascht über all die jungen, trendigen und gut vernetzten Leute aus den Großstädten, die wir ausgebildet haben. Viele hatten ein Smartphone, aber keiner von ihnen wusste, wie man seine Notfallkontakte hinzufügt oder seine medizinischen Informationen ausfüllt. Vor Unfällen wird nicht gewarnt. Wir fordern sie auf, ihr Telefon als Hausaufgabe einzurichten: Wenn mir etwas zustößt, wie werden meine Angehörigen davon erfahren? Auf eine andere Weise lehren wir, worauf man im Telefon der Opfer achten muss.

Als Erste-Hilfe-Ausbilder in einem Entwicklungsland passen wir unsere Ausbildung an die realen Gegebenheiten unserer Gemeinschaft an (Kultur, Lebensstil, Gewohnheiten …). Wir lehren, wie man sich in verschiedenen Situationen verhält, wir diskutieren darüber, was zu tun ist und was nicht, wir schärfen das Bewusstsein, aber vor allem ermutigen wir unsere jungen Menschen, aktiv zu werden.

Nochmals: Bei Unfällen gibt es keine Warnungen. Seien Sie vorbereitet – immer!

Tsito

Bild 2 : Foto wurde aufgenommen, nachdem die Lernenden verstanden hatten, dass sie sich in einem Rollenspiel befanden.