Der Unfall

Es war der letzte Sonntag im Juli. Ich fuhr früh morgens mit dem Motorrad, um in einer Kirche ausserhalb von Antananarivo den Gottesdienst zu leiten. Plötzlich sprang ein Hund zwischen den Häusern hervor und rannte vor mir über die Strasse. Ich erschrak und bremste so stark, dass ich auf den Asphalt stürzte. Meine rechte Schulter schlug dabei mit voller Wucht auf dem Boden auf. Glücklicherweise kam kein Auto hinter mir oder von der anderen Seite.

Ich stand auf und untersuchte mich. Ich spürte, dass sich meine rechte Schulter nicht gut anfühlte, konnte sie aber noch bewegen. Nachdem ich sicherstellte, dass am Motorrad nichts beschädigt war, gelang es mir dieses wieder aufzurichten und zur Seite zu schieben.

Während sich der Unfall ereignete, waren bereits zahlreiche Leute unterwegs. Einige tranken Kaffee in einem kleinen Laden in der Nähe. Nur ein Mann kam und fragte mich, ob es mir gut gehe. Zudem hörte ich eine Frau schreien: „Oh, der Hund schon wieder“! Alle anderen schauten nur zu.

Trotz einigen Schmerzen in der Schulter konnte ich meine Pläne für den Tag umsetzen – niemand bemerkte etwas von meinem Unfall.

…und seine Auswirkungen

Am nächsten Tag wurde ich geröntgt und es zeigte sich eine nicht verschobene Fraktur des Oberarmkopfes. Ich musste meinen Arm sechs Wochen lang in einer Schlinge ruhigstellen. Während dieser Zeit musste ich lernen, alles mit der linken Hand zu machen: Essen, Schreiben, Tastaturen Tippen usw. Zuvor gewohnte Tätigkeiten wie Motorrad- oder Autofahren waren plötzlich nicht mehr möglich. Für mich war dies alles eine grosse Herausforderung, da ich dadurch einige für mich so normale, tägliche Aufgaben nicht mehr erledigen konnte. Hinzu kam, dass ein Familienmitglied bei mir zu Hause erkrankte – wegen der Schlinge konnte ich nicht die Hilfe leisten, die ich hätte leisten wollen.

Da der Bruch nach sechs Wochen immer noch sichtbar war, musste ich weitere drei Wochen warten, bevor ich mit einer Physiotherapie beginnen konnte. Auch heute befinde mich immer noch in einer „Umlernphase“, da einige Bewegungen meines rechten Arms noch eingeschränkt sind.

Die Not in unserer Gesellschaft

Mein Erlebnis spiegelt die Situation in meiner Gesellschaft wider:

– Die Menschen sind einem hohen Unfallrisiko ausgesetzt. Das erfordert mehr Vorsicht von allen und eine bessere Organisation von den politischen Entscheidungsträgern.

– Es fehlt an Ersthelfern und Kenntnis über Erste Hilfe. Kaum Menschen sind bereit oder in der Lage im Falle eines Unfalls zu helfen – dahinter stecken Unwissenheit, Überforderung oder auch Angst.

– Die in Menschen in Madagaskar benötigen das Sensibilisiert und Geschult werden, was in einem Notfall zu tun ist.

Mein Erlebnis zeigte mir einmal mehr die Bedeutsamkeit von AiNA soa auf – nämlich Erste-Hilfe-Kurse der madegassischen Bevölkerung anzubieten.

Für mich persönlich brachte der unerwartete Unfall zwar eine Menge Unannehmlichkeiten. Dennoch konnte ich durch diesen auch Neues lernen, wie zum Beispiel die Fähigkeiten meiner linken Hand zu entwickeln, was andernfalls wohl nicht gelungen wäre.

Herzliche Grüsse,

Laza